Biohacking: Der Schlüssel zum gesun­den Leben oder gefährlicher Trend?

Ein Mann mittleren Alters mit Bart steht unter der Dusche und lässt kaltes Wasser über sich laufen.

Verschiedene Biohacking-Trends versprechen die maximale Leistungs­fähigkeit aus Körper und Geist herauszuholen. Was sind die Grundprin­zipien des Biohackings und wann nimmt es kritische Ausmasse an? Die wichtigsten Infos rund um Biohacking und die Grenzen der Selbstoptimierung.

Was ist Biohacking?

Beim Biohacking geht es um die Optimierung des eigenen Körpers und Geists. Das Wort setzt sich zusammen aus dem Begriff Biologie, die Wissenschaft von Leben und Lebewesen, und dem englischen Begriff «hacking», der so viel wie «entschlüsseln» bedeutet. Ein Biohacker möchte mithilfe von Naturwissenschaft das volle Potenzial des menschlichen Körpers und Geists entschlüsseln. Die Mittel des Biohackings reichen von simplen Routinen bis hin zu umstrittenen Modifikationen am eigenen Körper.

Ist Biohacking ein neuer Begriff für Gesundheitstipps?

Wer sich mit Biohacking auseinandersetzt, wird anfangs auch auf viele Gesundheitstipps stossen. Ist Biohacking also gar kein eigener Trend, sondern nur ein neumodischer Begriff für Gesundheitstipps? Nicht wirklich – viele Biohacks sind zwar mit Gesundheitstipps vergleichbar, wer jedoch aktiv Biohacking betreibt, richtet einen grossen Teil seines Verhaltens auf die Selbstoptimierung aus. Biohacking ist ein Lifestyle. Es gibt viele Bücher und Communitys rund um die Thematik.

Mit Biohacking-Tipps kritisch umgehen

Wer mit Biohacking starten möchte, findet im Internet unzählige Buchempfehlungen. Doch es ist Vorsicht geboten, nicht alle sind fundiert und teilweise werden zweifelhafte Praktiken empfohlen. Setzen Sie sich mit der Autorin oder dem Autor auseinander und bleiben Sie kritisch.

Wie funktioniert Biohacking?

Als erster Schritt muss ein Biohacker den eigenen Organismus verstehen. Dazu misst und analysiert er die verschiedenen Körperfunktionen. Mithilfe von Smart-Watches, Fitnesstrackern und ähnlichen Gadgets sowie Selbsttests ist heute vieles eigenständig messbar. Aus den Daten werden Massnahmen zur Selbst­optimierung und Leistungsmaxi­mierung abgeleitet. Diese lassen sich in 3 Säulen aufteilen:

1. Säule «Ernährung»

Biohacker möchten mit ihrer Ernährung die körperliche und mentale Leistungs­fähigkeit maximieren. Dafür verfolgen sie zwei grundlegende Prinzipien; alle nötigen Nährstoffe aufnehmen und jegliche Lebensmittel mit Problemstoffen, wie künstliche Zusatzstoffe, vermeiden. Zu diesem Zweck nehmen Biohacker oft Nahrungsergän­zungsmittel zu sich. Je nach körperlichen Voraussetzungen werden im Biohacking auch bestimme Diäten oder Fastenarten verfolgt. Beispiele sind die ketogene Diät oder das intermittierende Fasten.

2. Säule «Körper»

Die fundamentale Grundlage für den Körper im Biohacking ist regelmässige Bewegung und Fitness kombiniert mit ausreichend Regeneration. Weiter spielt die Optimierung des Schlafs eine wichtige Rolle. Dafür versuchen Biohacker die körpereigene Melatonin-Produktion anzuregen und verfolgen Routinen, die die Schlafqualität fördern. Mit diesen Massnahmen sollen auch die Mitochondrien gestärkt werden. Sind die Mitochondrien gesund und stark, funktionieren unsere Zellen und folglich auch unser Organismus besser.

3. Säule «Geist»

Biohacker versuchen mit unterschied­lichen Techniken ihre kognitive Leistung und Konzentration zu maximieren sowie ihre mentale Gesundheit zu stärken. Die Optimierung von Ernährung und Körper bildet im Biohacking die Basis für einen starken Geist. Danach trainieren Biohacker vor allem die mentale Einstellung zur Optimierung der Psyche. Angewendete Praktiken sind Meditation und Achtsamkeitstraining oder die Einnahme von Nootropika. Dies sind Arzneistoffe, die eine vorteilhafte Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten haben können.

Biohacking für Sportler

Der Ursprung des Biohackings findet sich im Leistungssport. Professionelle Sportler lassen bereits seit geraumer Zeit ihre Körperdaten genau messen, um ihre Leistung zu maximieren. Dabei werden sie oft von Teams mit Ernährungs­beratern, Mentalcoaches usw. unterstützt. Natürlich hat diese Möglichkeit nicht jeder Sportler, trotzdem sind einige Biohacks aus dem Leistungssport auch im Amateursport anwendbar.

  • Visualisierung: Die Visualisierung des Wettkampfs oder Trainings kann die Chancen auf Erfolg erhöhen.
  • Kältetraining: Eisbäder oder kalte Duschen helfen bei der Muskelregeneration und können Entzündungen reduzieren.
  • Höhentraining: Da in grossen Höhen der Sauerstoffgehalt in der Luft niedriger ist, verbessert Höhen­training die Sauerstoffaufnahme und -nutzung im Körper.
  • Nahrungsergänzungsmittel: Ergänzungsmittel, wie BCAAs, können den Muskelaufbau und die Regeneration unterstützen.

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Biohacking: Vor- und Nachteile

Im Kern hat das Biohacking viele positive Ansätze. Es macht Sinn, seinen eigenen Körper und Geist zu beobachten und wenn nötig, den Lebensstiel zu verbessern. Doch das Biohacking birgt auch Risiken und kann gefährliche Ausmasse annehmen. Die Vor- und Nachteile im Überblick:

Vorteile

  • Verbesserte Gesundheit: Grundsätzlich sind viele Ansätze im Biohacking rund um gesunde Ernährung, Bewegung und Schlaf sinnvoll und können sich positiv auf die Gesundheit auswirken.
  • Mehr geistige Leistung: Die angewendeten Techniken im Biohacking zur Optimierung des Geists können die mentale Gesundheit, Konzentration und geistige Leistungsfähigkeit verbessern.
  • Mehr Lebensqualität: Wer eine starke Psyche und einen gesunden Körper hat, fühlt sich besser und hat mehr Energie.

Nachteile

  • Gesundheitsrisiken: Die eigenständige Analyse des Körpers und Festlegung von Massnahmen für die Gesundheit birgt viel Potenzial für Fehler. Wer zum Beispiel Nahrungsergän­zungsmittel falsch dosiert oder Diäten mangelhaft umsetzt, kann seiner Gesundheit schaden.
  • Essstörungen: Gemäss dem Universitätsspital Zürich haben Biohacker ein erhöhtes Risiko, an psychischen Zwängen und gestörtem Essverhalten zu leiden.
  • Technologische Abhängigkeit: Biohacker sind stark auf technologische Hilfsmittel zur Messung ihres Körpers angewiesen. Dadurch kann das eigene Körpergefühl verloren gehen.
  • Fehlende Regulierung: Der Biohacking-Markt ist nicht wirklich reguliert. Im Internet finden sich Produkte, Ergänzungsmittel und Anleitungen, die nicht ausreichend getestet sind und mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Wir sehen viele junge Menschen, die verrückte Diäten halten.
Professorin Gabriella Milos, Leitende Ärztin an der Klinik für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik des USZ

Biohacking durch Technik und Genmanipulation

In der Extremform des Biohackings versuchen Menschen ihren Körper durch technische Implantate zu verbessern. Zum Beispiel lassen sich manche Biohacker Mikrochips einsetzen, um Körperdaten zu messen oder elektronische Geräte zu steuern. Auch Versuche das Erbgut anzupassen, gab es bereits im Biohacking. Mit der sogenannten CRISPR/CAS9-Methode kann in die DNA eingegriffen werden. Beide Formen des Biohackings stehen unter Kritik und sind mit ethischen Bedenken verbunden. Eingriffe in das Menschliche Erbgut sind in der Schweiz verboten.

Unsere Top 6 Biohacks für den Alltag

  • Sonne tanken: Ein simpler, aber effektiver Hack ist täglich Sonne zu tanken. So kann unser Körper ausreichend Vitamin D produzieren. Je nach Tages- und Jahreszeit sowie Hauttyp reichen 5 Minuten bis 1 Stunde täglich.
  • Zitronenwasser: Ein Glas lauwarmes Wasser mit Zitrone ist ein einfacher Hack für den Start in den Tag. Das Zitronenwasser pusht das Immunsystem, wirkt basisch und fördert die Verdauung.
  • Meditation und Achtsamkeitstraining: Viele von uns haben im Alltag nur selten Zeit für sich selbst. Deshalb macht es Sinn, sich täglich kurz Zeit zu nehmen für Meditation oder Achtsamkeits­übungen. Dadurch stärken wir unsere Resilienz und mentale Gesundheit.
  • Digital Detox: Studien zeigen, dass die ständige Nutzung digitaler Geräte zu Stress, Schlafproblemen und verminderter Produktivität führen kann. Durch gezielte Auszeiten können wir diese negativen Auswirkungen reduzieren und mehr Balance schaffen.
  • Schlaf meistern: Guter Schlaf ist eigentlich der Biohack schlechthin. Wenn wir qualitativ und lang genug Schlafen, haben wir nicht nur mehr Energie, sondern unser Immun­system und unsere Psyche sind auch stärker. Der Schlaf lässt sich zum Beispiel verbessern, indem man blaues Licht vor dem Einschlafen meidet.
  • Zyklusbasiertes Leben: Speziell Frauen können Biohacking auch betreiben, indem sie ihr Leben auf ihren Zyklus anpassen. Vor allem die zyklusbasierte Ernährung kann sich positiv auf den Menstruationszyklus und die Gesundheit im Allgemeinen auswirken.

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Der Trend zur Selbstoptimierung

Biohacking ist nur eine Ausprägung des Selbstoptimierung-Trends in unserer Gesellschaft. Doch woher kommt der Wille nach einem besseren Selbst zu streben? Grundsätzlich liegt es in der Natur des Menschen sich weiterzuentwickeln, um sich auf neue Herausforderungen anzupassen. Aber auch andere Faktoren treiben den Trend voran, vor allem die sozialen Medien. Durch sie vergleichen wir uns mit anderen und werden mit unrealistischen Idealbildern konfrontiert. Als Folge betrachten wir uns selbst oft zu kritisch und verspüren einen ungesunden Druck uns zu verbessern.

Selbstoptimierung ohne Anfang und Ende

Das Gefährliche ist, dass Selbstopti­mierung meist kein Anfang und Ende hat. Wir streben nach einem immer besseren Selbst, wodurch nie ein Gefühl der Zufriedenheit eintritt. Schnell kann dann Selbstoptimierung exzessiv werden und sich auch negativ auf die Psyche auswirken. Die Folgen können depressive Verstimmungen und ausgeprägter Stress bis hin zu einem Burnout sein.
 

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